Tschechoslowakei: Die Wende der Tschechen und Slowaken

Tschechoslowakei: Die Wende der Tschechen und Slowaken
Tschechoslowakei: Die Wende der Tschechen und Slowaken
 
Reformstau: Die 1980er-Jahre
 
Nach der Niederschlagung der Reformbewegung des Jahres 1968 hatte die Mehrheit der Bevölkerung resigniert, sich in die Privatsphäre zurückgezogen und das öffentliche Leben den Kommunisten überlassen. Das Regime sorgte für sichere Arbeitsplätze bei allerdings niedrigem Lebensstandard, während die Bevölkerung auf offene Opposition verzichtete und bei öffentlichen Ritualen, etwa bei Versammlungen oder Umzügen, ihre Loyalität bekundete. Wegen der Ausstattung mit veralteten Maschinen, des hohen Rohstoff- und Energieverbrauchs und der geringen Arbeitsmoral war eine Steigerung der Industrieproduktion und des Lebensstandards ohne grundlegende Reformen nicht möglich. Da die Tschechoslowakei (ČSSR) nur einen geringen Prozentsatz ihres Außenhandels mit dem Westen abwickelte — 1988 waren es 15 Prozent —, fehlten ihr die Devisen, die sie für den Kauf moderner Technologie benötigt hätte.
 
Die tschechoslowakische Partei- und Staatsführung wusste, dass ihr Überleben letzten Endes von der Sowjetunion abhing. Ebenso treu wie die DDR befürwortete sie deshalb jede außenpolitische Aktion der Sowjetunion, sei es die Kampagne gegen die Gewerkschaftsbewegung Solidarność in Polen, die militärische Intervention in Afghanistan, die Stationierung sowjetischer Atomraketen in Mitteleuropa oder die Kritik am westdeutschen »Revanchismus«. Umso mehr waren die tschechoslowakischen Spitzenfunktionäre beunruhigt, als der neue sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow Losungen wie »Perestroika« (Umbau) und »Glasnost« (Transparenz) zu propagieren begann, die an den tschechoslowakischen Reformkommunismus des Jahres 1968 erinnerten. Mit einem vorsichtigen Umbau der Gesellschaft ohne Glasnost versuchte sich die tschechoslowakische Führung nur so weit wie unbedingt nötig anzupassen und ihre Herrschaft bis zum erhofften Sturz des sowjetischen Parteichefs zu sichern. Nachdem aber im Januar 1987 ein Plenum des Zentralkomitees der KPdSU Gorbatschows Reformpolitik gebilligt hatte, kündigte auch das Präsidium der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ) »ähnliche Schritte« an. Im Dezember desselben Jahres musste Gustáv Husák seinen Posten als Parteichef an Miloš Jakeš abgeben, der allerdings auch nicht als Reformer hervorgetreten war. 1988 traten einige besonders missliebige »Dogmatiker« zurück und im Oktober desselben Jahres ersetzte Ladislav Adamec den »Pragmatiker« Lubomír Štrougal als Regierungschef.
 
 Die oppositionelle Bewegung seit 1987
 
Im Januar 1987, zum 10. Jahrestag ihrer Gründung, hatten die Unterzeichner der »Charta 77« die Bevölkerung aufgefordert, ihre politische Apathie aufzugeben. Die katholische Kirche legte im März 1988 einen Forderungskatalog vor, der vor allem die Aufgabe des staatlichen Vetorechts bei Bischofsernennungen und größere Freiheiten für kirchliche Publikationen enthielt. Diese Petition wurde von mehr als einer halben Million Menschen unterschrieben. Damals entstanden neue unabhängige Gruppierungen, die konkrete politische Forderungen stellten. Es waren vor allem junge Leute, die demonstrierten — zum Beispiel am 21. August und 28. Oktober 1988 sowie am 15. Januar 1989, den jeweils »runden« Jahrestagen der sowjetischen Okkupation von 1968, der Staatsgründung von 1918 und der Selbstverbrennung des Studenten Jan Palach 1969 in Protest gegen die andauernde Okkupation. Die Kundgebungsteilnehmer wurden von der Polizei mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken auseinander getrieben. Zu den »Rädelsführern« gehörte auch der Dramatiker Václav Havel. Am 21. Februar 1989 wegen »Rowdytums« zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, wurde er schon im Mai vorzeitig entlassen. Fast 3000 Schriftsteller, Theaterleute und Wissenschaftler unterschrieben Petitionen gegen die Übergriffe der Polizei und forderten im Juni desselben Jahres einen Dialog zwischen Regierung und Opposition sowie die Gewährung von Versammlungs-, Vereinigungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit.
 
Auf die Welle der Proteste im eigenen Land, die Gespräche zwischen Regierung und Solidarność in Polen seit August 1988 und die Entwicklung des politischen Pluralismus in Ungarn reagierte die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei mit der Ankündigung einer »Vertiefung der sozialistischen Demokratie«; die »führende Rolle« der Partei im politischen Leben dürfe dabei aber nicht infrage gestellt werden. Die vernichtende Niederlage der polnischen Kommunisten bei den halbfreien Wahlen im Juni 1989 und die erste nichtkommunistische Regierung unter Tadeusz Mazowiecki seit dem 24. August zeigten an, welches Schicksal auch die tschechoslowakischen Kommunisten bei freien Wahlen erwartete. Am 21. August, dem Jahrestag des Einmarsches der Warschauer-Pakt-Truppen, hatte die Prager Polizei erneut eine friedliche Kundgebung von 3000 Personen zerstreut und über 350 Teilnehmer verhaftet.
 
Bei einer Großkundgebung Ende Oktober auf dem Prager Wenzelsplatz forderte die Menge »freie Wahlen« und ließ Václav Havel hochleben, der zwei Tage zuvor festgenommen worden war. Als die sowjetischen Truppen nicht einmal gegen die Demonstrationswelle in der DDR vorgingen und Moskau den Machtwechsel von Erich Honecker zu Egon Krenz am 18. Oktober sogar zu fördern schien, wussten Führung und Bevölkerung der ČSSR, dass eine Wiederholung des 21. August 1968 nicht drohte. Doch blieb unklar, ob sich die Parteiführung nicht auch ohne sowjetische »Hilfe« mit Waffengewalt gegen den drohenden Machtverlust wehren würde. Mit eigenen Augen sahen die Prager, wie Bürger der DDR sich in den Herbstwochen auf das Botschaftsgelände der Bundesrepublik Deutschland retteten und die Ausreise nach Westdeutschland erreichten. Als kurz darauf auch noch die Berliner Mauer fiel, genügte ein kräftiger Stoß, das Gebäude der Einparteienherrschaft auch in der Tschechoslowakei zusammenstürzen zu lassen.
 
Am 17. November 1989 veranstalteten Prager Studenten einen genehmigten Demonstrationszug zur Erinnerung an die Hinrichtung von neun Studenten und die Schließung der tschechischen Hochschulen durch die Nationalsozialisten 50 Jahre zuvor. Als sie von der vorgegebenen Route abwichen und ins Stadtzentrum vordrangen, wo sich ihnen immer mehr Passanten anschlossen, fuhren Panzer auf und die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen die Studenten vor.
 
 Der Machtverlust der KP und die Regierung der nationalen Verständigung
 
Nach diesem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte riefen die Studenten zu einem einwöchigen Vorlesungsstreik und für den 27. desselben Monats zu einem Generalstreik auf. Über 500 Prager Schauspieler und Künstler kündigten daraufhin an, eine Woche lang nicht mehr auftreten zu wollen, sondern mit dem Theaterpublikum zu diskutieren. Auf einer Versammlung in einem Prager Theater konstituierte sich das Bürgerforum (Občanské Fórum, kurz OF) als Dachorganisation von zwölf unabhängigen Initiativen. Das Bürgerforum verlangte die Freilassung aller politischen Gefangenen, freien Zugang zu den Medien, die Demokratisierung der Gesellschaft, die Abschaffung des kommunistischen Machtmonopols und den sofortigen Rücktritt der Verantwortlichen für die gewaltsame Beendigung des »Prager Frühlings« von 1968. Der dreiköpfige Krisenstab des Forums, dem auch Havel angehörte, bot der Regierung Verhandlungen an. Von Studenten und Künstlern mobilisiert, verfolgten am 20. November auf dem Wenzelsplatz über 200000 Menschen eine Rede Havels und hörten eine Botschaft des greisen, nicht anwesenden Kardinals František Tomášek, die verlesen wurde. Parallele Kundgebungen fanden jetzt auch in anderen Städten statt; in Bratislava wurde als Leitungsorgan des Widerstandes die slowakische Organisation Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnost proti násiliu, kurz VPN) ins Leben gerufen. Am Tag nach der Großveranstaltung auf dem Wenzelsplatz empfing Ministerpräsident Adamec erstmals Vertreter des Bürgerforums, während KPČ-Funktionäre ihre Partei als Garanten von »Ruhe und Ordnung« priesen und die Regimekritiker als Urheber von »Anarchie, Wirren, sozialer Spannung und gesellschaftlicher Zerrüttung« anklagten. Aber auch in der Nationalen Front, also in den jahrzehntelang den Kommunisten hörigen Parteien und politischen Organisationen, begann sich die Loyalität für das Regime und die KP aufzulösen.
 
Entscheidend für Sieg oder Niederlage der Protestbewegung war das Verhalten der bisher eher apathischen Mehrheit der Bevölkerung, besonders der Arbeiterschaft. Die Appelle des Prager KP-Chefs, der in einen der größten Prager Betriebe geeilt war, beantworteten die Arbeiter am 23. November mit dem Ruf »Demission!« Während am nächsten Tag Alexander Dubček von 300000 Menschen gefeiert wurde, gab Parteichef Jakeš sein Amt an den Vorsitzenden der Nationalen Front, Karel Urbánek, ab. Am 25. November versammelten sich trotz klirrender Kälte 750000 Menschen auf dem Prager Letná-Hügel und unterstützten die Forderung nach einem Generalstreik. Forum und VPN forderten den Rücktritt von Staatspräsident Husák, die baldige Abhaltung freier Wahlen, unbeschränkte Religionsausübung und die Verurteilung des Einmarsches der Warschauer-Pakt-Truppen 1968. Unter dem Eindruck des von der Hälfte aller Beschäftigten befolgten Generalstreiks am 27. November strich die Regierung kurz darauf die Klauseln über die »führende Rolle« der Kommunistischen Partei, die Monopolstellung der Nationalen Front und die Erziehung »im Geist des Marxismus-Leninismus« aus der Verfassung. Obwohl Adamec in den Verhandlungen mit dem Forum die Bildung einer »Koalitionsregierung auf breiter Grundlage« zugesagt hatte, überließ er in seiner am 3. Dezember vorgelegte Kabinettsliste 16 der 21 Ministerposten der KP des Landes.
 
Nach einer neuen Welle von Protestkundgebungen trat Adamec als Regierungschef zurück. In der am 10. Dezember 1989 von seinem Nachfolger, dem Slowaken Marián Čalfa gebildeten »Regierung der nationalen Verständigung« befanden sich die Kommunisten dann mit zehn von 21 Posten in der Minderheit. Außenminister wurde Jiří Dienstbier, Finanzminister Václav Klaus. So schnell war der Wandel, dass Dienstbier nach Ablegung seines Amtseids noch einmal in den Kesselraum eines Krankenhauses zurückeilen musste, um dort ein letztes Mal seiner Aufgabe als Heizer nachzukommen. Die neue Regierung sprach sich für den Übergang zur parlamentarischen Demokratie und zur freien Marktwirtschaft sowie für den Rückzug der sowjetischen Stationierungstruppen aus. Dubček wurde am 28. Dezember zum Präsidenten des Parlaments, Havel am nächsten Tag zum Staatspräsidenten gewählt. In seiner Neujahrsansprache sagte Havel, in der Tschechoslowakei sei der Lebensstandard niedrig und die Moral im Verfall begriffen. »Wir müssen dieses Erbe als etwas annehmen, woran wir selbst schuld sind. .. Wir hatten uns an das totalitäre System gewöhnt und halfen so, es zu festigen.«
 
 Unüberbrückbare Gegensätze: Der Weg in die Teilung der Föderation
 
Nach dem Sieg der »sanften« oder »samtenen« Revolution mussten die neuen politischen Kräfte eine Lösung für das tschechisch-slowakische Verhältnis finden. Das Reformjahr 1968 hatte zwar die Föderalisierung des Gesamtstaates in eine tschechische und eine slowakische Republik gebracht, doch waren die Institutionen der beiden Teilstaaten im Zuge der Resowjetisierung zu bloßen Vollzugsorganen der KP-Führung verkümmert.
 
Der Konflikt um den neuen Staatsnamen konnte im April 1990 durch die Umbenennung der ČSSR in »Tschechische und Slowakische Föderative Republik« (ČSFR) gelöst werden. Mit dem Ziel der Separation der Slowakei schürten die Slowakische Nationalpartei (SNS) und die Kulturvereinigung Matica Slovenská die Gegensätze um die Bewertung des slowakischen »Schutzstaates« von Hitlers Gnaden und seines damaligen Präsidenten Jozef Tiso, auch um die Zulassung des Tschechischen und Ungarischen als Amtssprachen in der Slowakei sowie um die Kompetenzverteilung zwischen der Föderation und den Ländern. Die Spannungen zwischen den beiden Teilstaaten rührten auch daher, dass die wirtschaftliche Transformation dem slowakischen Landesteil nur fünf Prozent der ausländischen Direktinvestitionen brachte — und zudem mit 12 Prozent eine dreimal so hohe Arbeitslosenquote wie dem tschechischen Teil. Auch die tschechoslowakische Verfassungsstruktur stand vielem im Wege: Nach der 1968 revidierten Verfassung bestand die Bundesversammlung aus einer Volks- sowie einer Nationalitätenkammer mit je 75 Abgeordneten des tschechischen und des slowakischen Landesteils. Verfassungsgesetze und die Wahl des Staatspräsidenten bedurften jeweils der Zustimmung von mindestens drei Fünfteln der Abgeordneten beider Nationen dieser Kammer. Diese zur Zeit der kommunistischen Einparteienherrschaft bedeutungslose Regelung zwang im neu entstandenen Mehrparteiensystem die Wahlgewinner beider Landesteile zu Koalitionen.
 
Die ersten freien Parlamentswahlen vom Juni 1990 brachten dem Bürgerforum und der slowakischen VPN mit zusammen knapp 47 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Sitze in der Volkskammer ein. So schienen Voraussetzungen geschaffen, eine stabile Regierung zu bilden. Mit knapp 14 Prozent der Stimmen folgten die Kommunisten, dann mit 12 Prozent die Christdemokraten. Die restlichen Sitze teilten sich die mährisch-schlesische Regionalpartei, die Slowakische Nationalpartei (SNS) und die Partei der ungarischen Minderheit. Die Sozialdemokraten scheiterten an der Fünfprozentklausel. Wenige Monate nach der Wahl spalteten sich die beiden Bürgerbewegungen: das Forum (OF) in die wirtschaftsliberale Demokratische Bürgerpartei (ODS) unter der Führung von Klaus, die linksliberale Bürgerbewegung unter Dienstbier und die Bürgerlich-Demokratische Allianz. An einer Regierungskrise in der Slowakei zerbrach im April 1991 die Organisation VPN, deren Mehrheit nun die linksnationalistische, die nationalen Anliegen der Slowakei hervorhebende Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) unter Vladimir Mečiar bildete. Die HZDS war fortan die bedeutendste politische Kraft im slowakischen Teilstaat der ČSFR. Dadurch verschärften sich auf der Ebene des Gesamtstaats die Gegensätze, sodass es auf parlamentarischem Wege nicht mehr gelang, die unterschiedlichen Ansichten über das Verhältnis beider Länder abzugleichen, die Spannungen innerhalb der Föderation abzubauen und eine Verfassung zu verabschieden. Bei den nächsten Wahlen im Juni 1992 gewannen in den böhmischen Ländern das konservative Wahlbündnis aus der Demokratischen Bürgerpartei und der Christlich-Demokratischen Partei (ODS-KDS) sowie in der Slowakei die HZDS jeweils ein Drittel der Stimmen. Die beiden Wahlsieger waren darum wegen der Verfassung faktisch zu Koalitionsverhandlungen gezwungen. Die Gegensätze bezüglich des Tempos der Wirtschaftsreform, der Alternative »Föderation oder Konföderation« und der Wiederwahl Havels erwiesen sich nun tatsächlich als unüberwindlich, sodass aus den Koalitionsgesprächen schließlich Verhandlungen über die Teilung des Staates zum Jahresbeginn 1993 wurden. Mit der Auflösung der ČSFR entstanden am 1. Januar 1993 die Tschechische und die Slowakische Republik.
 
 Tschechen und Deutsche: Das belastete Verhältnis
 
Schon kurz vor seiner Wahl zum Staatspräsidenten der Tschechischen Republik entschuldigte sich Havel im Fernsehen persönlich für die Vertreibung der Sudetendeutschen, die er als »etwas Böses« ansah, »das zur Vergeltung von vorangegangenem Bösen geschah«. Deshalb halte er eine Entschuldigung bei den früheren deutschen Mitbürgern für nötig. Havels Erklärung stieß in der überraschten tschechischen Öffentlichkeit auf harte Kritik. Beim Besuch des deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Frühjahr 1990 wiederholte Havel seine Ablehnung der These von der deutschen Kollektivschuld an den NS-Verbrechen. Die katholischen Bischöfe beider Länder tauschten Briefe aus, in denen die deutschen Amtsträger das Unrecht bedauerten, das den Tschechen während der NS-Zeit und bei der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 angetan worden sei, und die tschechischen Bischöfe ihr Bedauern über die »Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat« aussprachen. Zur gleichen Zeit allerdings beunruhigte die tschechische Bevölkerung das Verlangen der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach Rückgabe ehemaligen deutschen Eigentums, nach Rückkehrrecht und Minderheitenschutz. Wegen der Einsprüche der Landsmannschaft erwiesen sich die Verhandlungen über den Deutsch-Tschechoslowakischen Nachbarschaftsvertrag vom 27. Februar 1992 als besonders schwierig. Dieser ließ die Frage der Entschädigung offen und auch die Deutsch-Tschechische Erklärung vom 21. Januar 1997 brachte keine eindeutige Klärung.
 
 Tschechien: Auf der Überholspur in die EU und die NATO
 
Wie Ungarn und Polen unterzeichnete die ČSFR am 16. Dezember 1991 ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft. Aus der gemeinsamen Erklärung der Staatspräsidenten Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei im ungarischen Visegrád (Februar 1991) entwickelte sich bis zum Dezember 1992 der Plan einer Freihandelszone (CEFTA), der die Regierung Klaus aber zurückhaltend gegenüberstand — und zwar in der Annahme, früher als die anderen Reformstaaten des ehemaligen Ostblocks die Voraussetzungen für einen Beitritt in die EU erfüllen zu können. Diese bot im Juni 1993 jedoch nicht nur Tschechien, Polen und Ungarn, sondern auch allen anderen assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas den Beitritt an, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllten. Tschechien wird aber voraussichtlich schneller »nach Europa zurückkehren« als die Slowakei, da deren Regierung sich immer neue Verstöße gegen demokratische Grundsätze leistete und zudem eine restriktive Politik gegenüber der ungarischen Minderheit betrieb. Auf dem Weg in die NATO überholte Tschechien schon einmal die Slowakei. Neben Polen und Ungarn erster Kandidat der NATO-Osterweiterung, wurde es im März 1999 zusammen mit diesen in das Atlantische Bündnis aufgenommen.
 
Prof. Dr. Detlef Brandes
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Sowjetunion: Die UdSSR und der Ostblock
 
Tschechoslowakische Republik: Zentralismus und Nationalitätenprobleme in der CSR
 
 
Parteienlandschaften in Osteuropa. Politik, Parteien und Transformation in Ungarn, Polen, der Tschecho-Slowakei und Bulgarien 1989-1992, herausgegeben von Magarditsch A. Hatschikjan und Peter R. Weilemann. Paderborn u. a. 1994.
 
Party formation in East-central Europe. Post-communist politics in Czechoslovakia, Hungary, Poland and Bulgaria, herausgegeben von Gordon Wightman. Aldershot 1995.
 Vodika, Karel: Politisches System Tschechiens. Vom kommunistischen Einheitsparteiensystem zum demokratischen Verfassungsstaat. Münster 1996.
 Wheaton, Bernard / Kavan, Zdenek: The velvet revolution. Czechoslovakia, 1988-1991. Boulder, Colo., u. a. 1992.

Universal-Lexikon. 2012.

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